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Lystra & Derbe Deutsch

Colonia Julia Felix Gemina Lystra & Derbe

Ein Beitrag zur historischen Genese und Topographie neutestamentlicher Städte Inneranatolinens

(Zusammenfassung)

Die Untersuchungen gelten vorwiegend den wenig erforschten Städten des Apostels Paulus in Lykaonien: Lystra, Derbe, Ikonion und Umgebung. Auch Kolossai wurde Aufmerksamkeit geschenkt, dass aber noch intensivere Autopsie benötigt. Dabei sind die Überschneidungen mit den Arbeiten von Fachkollegen, welche an den für sie „reservierten“ Städten arbeiten, bewußt vermieden worden. Die Methodik des Forschungsvorgehens orientiert sich nach einem einheitlichen Schema: Quellen Literatur – Forschungsgeschichte (aktueller Forschungsstand) – Historische Genese – Topographie – Inschriften – Münzen – Kleinfunde – Abbildungsverzeichnis – Abbildungen. Nach den Arbeitsmethoden der alten Geschichte wurden alle historischen Quellen zur politischen Geschichte, römischen Kolonisation, zu den antiken Provinznamen und Grenzen, zur römischen Strategie und Straßenbau berücksichtigt. Daraus ergibt sich eine komplexe historische Genese der oben erwähnten Städte. Unter anderem wurde festgestellt, daß die abweichende geographische Angaben antiker Autoren politische, aber auch kulturelle Differenzen zwischen Landschaften und Städten Inneranatoliens berücksichtigen. Während Ikonion und Lystra als augustäische Koloniegründungen zur Galatien gehörten, wurde Ikonium traditionsgemäß als phrygisch genannt. Das neutestamentliche Derbe lag in der Lykaonia Antiochiana: Zuerst eine Festung des Tyrannen Antipatros, bald danach aber von den Römern dem Machtbereich des Antiochos von Kommagene überlassen. Diese politisch-kulturelle Unterschiede kommen auch in der Apostelgeschichte deutlich zum Ausdruck. In Lystra wurde laut Inschriften und Kleinfunde (Keramik, Grabplastik, Sarkophage, Baureste und Architekturfragmente) eine intensive Besiedlung in der griechisch-römischen Antike und in der byzantinischen Epoche festgestellt. Vereinzelt findet sich auch chalkolithische, hethithische (Stadt Lušna?), phrygische und seldschukische Tonware. Im März 2004 wurden erste genaue Messungen des Hügels und der Baureste durchgeführt (mittels Lasermeßgerät, GPS-System und Kompas): Akropolis, Stadtmauer, Stadttor, byzantinische Basilika (30 x 8 m) mit Apsis, Baptisterium, Nartex und einem großen Vorhof (32 x 23 m), gebaut teilweise aus den Spolien eines antiken Tempels (vermutlich Ζεὺς πρὸ πόλεως aus Apg. 14, 13) und Hagiasma-Quelle. Östlich des Siedlungshügels wurden bei einer Raubgrabung einfache Steinsarkophage, sowie griechische und lateinische Grabinschriften freigelegt. Hier dürfte sich wohl um eine ausgedehnte kaiserzeitliche Nekropole handeln (300 x 400 m). Eine weitere Nekropole wurde im Bereich des alten Friedhofes nördlich von Hatunsaray lokalisiert. Westlich des Stadthügels befindet sich ein Steinbruch. Neue Inschriftenfunde (6 lateinische und 4 griechische aus Hatunsaray, 2 lateinische und 8 griechische aus Umgebung) ergänzen die bislang 51 bekannte Inschriften der Colonia Lystra. Eine weitere, seit Jahren im Lapidarium des archäologischen Museums in Konya aufbewahrte monumentale griechische Grabstelle aus Hatunsaray, wurde vor kurzem veröffentlicht. Inschriften geben Auskunft über die Nomenklatur, Religion sowie soziale und ethnische Struktur der Bevölkerung von Colonia Iulia Felix Gemina Lystra. Ausführungen über die apokryphe Königsstraße, die sich auf eine kritische Quellenbetrachtung der Paulusakten, auf neue Meilensteinfunde der Via Sebaste und Straßenspuren in Gebiet von Lystra stützt, erweitert unser Wissen vom Straßensystem Lykaoniens. Das gesammelte Material von Lystra reicht durchaus für eine Sammelmonographie, ein Standardwerk für eine eventuell vorstehende feldarchäologische Forschungsfortsetzung. Zahlreiche topographische Skizzen, Zeichnungen, Pläne und kommentierte Farbabbildungen sind besonders wichtig für die richtige Präsentation dieser noch nicht ausgegrabenen antiken Stadt. Auch die Studie über Derbe entspricht einer kürzeren Monographie, ebenfalls mit eingehender topographischer Bilddokumentation von Kerti Hüyük, Devri Şehri, Sudurağı/Sidrova, Unu Hüyük, Kıbrıs Hüyük und Binbir Kilise (letzte als Nachfolgestadt interpretiert). Andere Beiträge sollten in Fachzeitschriften veröffentlicht werden.

1. Neuentdeckte Inschriften von Lystra; 2. Βασιλικὴ ὁδός Die apokryphe Königsstraße von Lystra; 3. „Paulus-Inschriften“ aus Kleinasien; 4. Neue epigraphische Hinweise auf das kleinasiatische Judentum; 5. Die Lokalisierung von Derbe; 6. Die Juden von Lystra; 7. Historische Topographie von Kolossai am Lykos; 8. Ikonium – historische Genese einer neutestamentlichen Stadt; 9. Zu den Adressaten des Paulusbriefes an die Galater, 10. Kleinasien in Verbindung mit den neutestamentlichen Apokryphen, 11. Kilistra – eine antike und frühchristliche Stadt in Lykaonie; 12. Ilistra – eine lykaonische Stadt; 13. Die frühchristlichen Monumente von Botsa in Lykaonien; 14. Eine antike Himmelskonstellation und Die Ruinen von Eski Sumatar.

 

Eski Sumatar Deutsch

Das antike Observatorium von Eski Sumatar

Neue historisch-topographische und archäoastronomische Überlegungen anhand einer Planetenkonstellation vom 17. 5. 93 n.Chr.

(Zusammenfassung)

Das vorliegende Projekt befaßt sich mit der systematischen Erforschung des antiken Astralheiligtums und des astronomischen Observatoriums von Eski Sumatar im nördlichen Mesopotamien (Provinz Şanlıurfa, Südost-Türkei). Den Hauptgegenstand der Forschung bilden die antike Topographie und Archäoastronomie. Aus der Forschungsgeschichte wird deutlich, daß über dieses Thema bislang nur kürzere epigraphische, archäologische und religionsgeschichtliche Aufsätze verfaßt worden sind, während es noch immer an einer den Anforderungen der modernen Wissenschaft genügenden Monographie fehlt. Es war J. B. Segal, der 1953 in den Ruinen von Eski Sumatar die Planetenheiligtümer der alten Sabier von Harran aus arabischen Quellen erkannte und sie im Zusammenhang mit der theoretischen Studie von Chwolsohn (1856) interpretierte. In den Jahren 1995 und 1999 führte ich eine ausführliche Autopsie des archäologischen Areals von Eski Sumatar durch. Dabei wurde ich auf die Eigenartigkeit der architektonischen Konstruktionen aufmerksam, die bislang keine bekannte Parallelen aufweisen. Anhand einer mit Hilfe des Computers entdeckten Planetenkonstellation aus dem 1. Jh. n.Chr. kam ich zur Annahme, daß die Bauten in Eski Sumatar wohl der traditionellen sabischen Astrolatrie dienten und gleichzeitig von einer noch nicht entschlüsselten Praktik der Sternkunde zeugen könnten. Die Himmelskonstellation ereignete sich am frühen Abend des 17. 5. 93 n.Chr. am westlichen Horizont und stimmt überraschend genau mit den topographischen Gegebenheiten vor Ort überein. Nach dem Sonnenuntergang um etwa 20.45 h Ortszeit folgten alle Planeten und die schmale Sichel des zunehmenden Neumondes auf der Ekliptik im Halbkreis eng aufeinander: Saturn, Jupiter, Mond, Merkur, Mars und Venus. Die sieben Planetenheiligtümer von Eski Sumatar weisen die gleiche Reihenfolge im Halbkreis nahe des westlichen Horizontes auf. Somit bilden sie die Projektion der Ekliptik. Darüberhinaus bilden die Planeten Merkur, Mars und Venus eine Art Konjunktion im Sternbild der Zwillinge, und es ist interessant, daß genau die Heiligtümer dieser Planeten in der Nähe der Doppelgrotte liegen. Die Doppelgrotte dürfte demnach einem Abbild des Sternbildes der Zwillinge entsprechen. Es kam auch zu einer Konjunktion bzw. Bedeckung des α Leo (Regulus) durch den Saturn und gleichermaßen des δ Cancri durch Jupiter, was zusätzlich einen imposanten Effekt am Himmelsgewölbe auslöste. Nun stellt sich die Frage, wie interpretierten die sabischen Sterndeuter dieses außergewöhnliche Himmelsereignis. Jedenfalls dürften sie so sehr überrascht worden sein, daß sie nachträglich den astralen Gottheiten entsprechende Heiligtümer erbauten. Es bleibt aber nach wie vor offen, ob sie diese Konstellation bereits berechnet haben. Das Jahr 93 n.Chr. würde so für die Datierung sowohl den terminus postquam als auch den terminus antequam bedeuten. Bei der Begehung des Areals 1999 stieß ich nahe des Mondheiligtum auf ein monumentales Löwenrelief, das zweifellos das Sternbild des Löwen symbolisiert. Diese Löwendarstellung und eine Kriegerstatue beim Marsheiligtum könnten ebenfalls beweisen, daß es sich hier nicht bloß um Familiengräber nomadischer Herrscher handelt, wie dies zuletzt J. Drijvers 1980 behauptete. Meines Erachtens handelt es sich nicht nur um eine Kult- und Grabstätte, sondern um ein präzise eingerichtetes und zugleich einzigartig erhaltenes antikes Observatorium. Mit der Entdeckung jener astronomischen Planetenkonstellation öffnen sich allerdings neue Forschungsperspektiven zur Geschichte, Topographie und Datierung des Fundortes. Für die astronomische Auswertung des Areals wäre es wichtig festzustellen, wie sich die Bauten nach den Himmelsrichtungen, Planeten sowie Sternbidern orientierten und welche Rolle die Äquinoktien, Solstitien, die Prezession und der Azimut bei ihrer Konstruktion spielten. Die systematische Untersuchung und Vermessung des Areals ist dringend notwendig, da die Ruinen ständig abgetragen werden und so eine Rekonstruktion der Anlage bald ausscheidet – ein großer Verlust für die Wissenschaft. Die Forschungsergebnisse des Projektes würden nicht nur das Wissen über einen spezifischen wissenschaftlichen Bereich wesentlich erweitern (antike Topographie, Archäoastronomie, Geschichte der Astronomie), sondern könnten diese einzigartige Erbe der Menschheit vor dem Verfall retten.

Verschollene Armee des Kambyses 525 v.Chr.

Spurensuche im Großen Sandmeer zwischen Theben und Ammonsoase

(Zusammenfassung )